Ich hatte 30 Jahre alles vergessen. Dann kamen die Erinnerungen hoch. In der Familie ist es ein Tabuthema. Ich bin dort nicht die einzige Betroffene. Es war der Großvater. Er war ein hochangesehener Mann mit einer guten Stellung. Man hat mir nicht geglaubt und mich als Lügnerin beschimpft. Wir sind oft bestraft worden – körperlich und seelisch. Das kam noch zum sexuellen Missbrauch hinzu. Ich wusste nie, in welcher Welt ich mich bewege und welche Regeln gelten. Ganz normale Dinge des Alltags, ein Geruch, ein Geräusch, und ich bin in der anderen Welt und komme nicht raus.
Das Vergessen ist ein wichtiger Schutz. Den Deckel hoch heben geht nicht so einfach. Aber ich habe mich entschieden, den Gespenstern ins Gesicht zu sehen. Das ist besser als sie im Nacken sitzen zu haben. Die Gründung der Selbsthilfegruppe war ein wichtiger Baustein. Seit ich mich öffne und es erzähle, erfahre ich von so vielen Frauen, die auch betroffen sind. Austausch mit anderen ist heilend.“
Mona Weber, Krankenschwester und Sozialpädagogin
Selbsthilfegruppe Sexueller Missbrauch
[Sexueller Missbrauch von Kindern ist eine Straftat und bezeichnet sexuelle Handlungen an oder vor einem Kind. Das Bundeskriminalamt geht von 300.000 Fällen im Jahr aus. In 93 % der Fälle sind die Täter dem Kind bekannt.]